07.11.2025

Der Ort des Geschehens – 10 Jahre später

Glück – was ist das? Die Intuition empfindet Glück häufig ganz anders, als der Verstand es beschreiben würde. Als ich am 18. Januar 2015 beim Gleitschirmfliegen in der Luft ohnmächtig wurde, im Spiralsturzfall dem Boden zuraste und hart aufschlug, hatte ich großes Glück. Ich war nicht tot, sondern erwachte noch am Unfallort aus meiner Bewusstlosigkeit. Mit panischem Entsetzen stellte ich fest, dass ich meine Beine nicht mehr bewegen konnte. Dafür spürte ich einen höllischen Schmerz in meiner Wirbelsäule. Reflexartig und intuitiv reagierte ich darauf mit einem Stoßgebet: „Das möchte ich nur überleben, wenn ich wieder gehen kann!“ Es war nicht mein Verstand, der diesen Deal mit Gott machte, sondern eindeutig mein Herz.

Am 20. Januar 2025, also 10 Jahre später, reiste ich wieder nach Kolumbien – an den Ort, an dem der Unfall passiert war. Ich wollte meinem Arzt, der mich damals mit herausragender Kompetenz operiert hatte, persönlich „Danke“ sagen – und zwar auf beiden Beinen stehend! Ich hatte mir selbst das Versprechen gegeben, in das Krankenhaus Pablo Tobón Uribe zurückzukehren, um mich bei all den liebevollen Menschen zu bedanken, die mich nach meinem Absturz so großartig behandelt, so mitfühlend versorgt und gepflegt und vor allem so zuversichtlich um mein Leben gekämpft hatten. Ich wollte den Ort des Geschehens noch einmal aufsuchen, um mich zu verabschieden, und dieses Mal wollte ich nicht gelähmt weggetragen werden, sondern völlig eigenständig weggehen.

Die ganze Geschichte erzähle ich in meinem Buch „Vom Himmel gefallen“: Zum Shop

Im Folgenden nehme ich dich mit nach Kolumbien, ich erzähle dir von dem Tag, an dem ich gefühlt ein großes Stück vollständiger wurde. Es war ein weiterer wertvoller Schritt auf meinem Heilungsweg.

Mittwoch, 22. Januar 2025

Wir fahren von Medellín nach Matasanos. Mit Noe haben wir den perfekten Fahrer an unserer Seite. Wie das Leben so spielt: Er war es gewesen, der meinen Mann Johann 10 Jahre zuvor am Flughafen abgeholt und zu mir ins Krankenhaus gebracht hatte. Dass ausgerechnet er uns heute fahren würde, war uns allen nicht bewusst, als ich ihn engagierte. So ein Zufall? Vielmehr so eine wundervolle Führung! Johann und ich freuen uns sehr, dass diese gute Seele uns auf unserer besonderen Reise begleitet und chauffiert. Wir fühlen uns sicher und gut umsorgt bei ihm.

Erinnerungen an das, was geschah …

Während der Fahrt, die fast zwei Stunden dauert, betrachte ich staunend die wunderschöne Landschaft, lausche Noes Erklärungen über die Region und bin froh, dass er ein langsames, einfaches Englisch spricht, das ich gut verstehen kann. Als wir die Serpentinen zum Startplatz hochfahren, werde ich immer stiller. Bruchstücke von Erinnerungen an die damalige Fahrt im Bus kommen in mir hoch. Die Gruppe war so voller Vorfreude aufs Fliegen gewesen, dass man bei jedem Einzelnen das Bitzeln spüren konnte. An der Stelle wussten wir alle noch nicht, dass ich ihnen den Tag so richtig vermasseln würde, welchen Schreck ich uns allen einjagen, aber auch welche inneren Kräfte das in uns allen wachrufen würde. Sie haben es mir nicht übel genommen, und das war eine sehr wichtige Erfahrung für mich. Alle sind einfach froh darüber, dass es mir inzwischen wieder so gut geht.

Das Go! aus der geistigen Welt für diese Erfahrung

Am Startplatz angekommen, steigen wir aus. Es fällt mir gar nicht leicht, zu beschreiben, was genau alles in mir los ist in diesem Augenblick. Heute weiß ich, warum mir dieser folgenschwere Unfall passiert ist. Ich fühle mich wie in zwei Welten gleichzeitig: Einerseits sind die Erinnerungen an die Gefühle vor 10 Jahren enorm präsent und andererseits stehe ich nun hier mit einer absolut tiefen Dankbarkeit für das, was ich erlebt habe. Wenn ich meinen Gedanken lausche, muss ich den Kopf schütteln, weil es sich so komplett verrückt anhört. Und doch empfinde ich es ganz genau so. Langsam, Schritt für Schritt, gehe ich nach vorne, an den Platz, wo ich damals startete. Ich erinnere mich an die klare Aufforderung, die ich aus der geistigen Welt bekam. Ich spürte eine fremde Unruhe in mir und dachte, es sei, weil ich einen neuen Gleitschirm benutzte. Doch meine innere Stimme sagte deutlich: „Es ist nicht wegen dem Schirm. Es geht um etwas viel Größeres. Starte!“

Diesen Worten spüre ich jetzt noch einmal in mir nach. Sanfte Tränen der Rührung fließen über meine Wangen. Vor meinem geistigen Auge setzten sich in Windeseile die Auswirkungen dieser Entscheidung zusammen, auf meine innere Stimme zu vertrauen und zu starten. Ja, ich weiß heute, dass meine Seele genau diese Erfahrung der Heilung machen wollte. Es musste etwas geschehen, was meinem Körper die Chance dazu gab. In dieser absoluten Ausnahmesituation durfte ich erleben, was es bedeutet, wirklich bedingungslos geliebt zu sein und Hilfe anzunehmen, ohne direkt etwas zurückgeben zu können.

Tiefes Ankommen bei mir selbst

Zu glauben, zu wissen, dass man einen liebenden Ehemann, Familie und Freunde hat, die für einen da sind, ist nicht so schwer. Doch zu ERLEBEN, WIE mein Mann, meine Familie und meine Freunde tatsächlich für mich da waren und WIE SEHR sie zu mir standen und alles ihnen Mögliche für mich getan haben, ist unbeschreiblich! Es erfüllt mich noch immer mit tiefster Dankbarkeit und Demut. Ich durfte erleben, WIE VIEL Heilung möglich ist, wenn wir in Frieden mit einer Situation sind, wenn wir an unsere Heilung glauben und unser Bestes geben, damit es auch wirklich geschehen kann. Für mich hieß das, meine gesamte Energie und Aufmerksamkeit auf das gewünschte Ergebnis auszurichten. So konnte mich auch die geistige Welt bestmöglich unterstützen. Ich durfte mich selbst als körperlich schwach und eingeschränkt erleben, aber gleichzeitig war da eine gigantische mentale Stärke in mir, die mich jetzt noch staunen lässt.

Nachdenklich am Startplatz

 

All das, was ich auf meinem Heilungsweg bis jetzt erleben durfte, bereichert mein Leben ungemein und schenkt mir das kostbare Gefühl, dass ich meine Seelenaufgabe erfülle. Geht es nicht genau darum im Leben? Während mein Blick über die wunderschöne bergige Landschaft mit den unterschiedlichen Grüntönen schweift, fliege ich in Gedanken nochmals die Strecke hinüber zu dem Bergrücken. Ich erinnere mich, wie ich dort mit den Geiern in der Thermik kreiste und es wundervoll fand, Gast im Element dieser edlen Tiere sein zu dürfen. Lange stehe ich hier und gebe meinen Emotionen, Gedanken und Erinnerungen den Raum, den sie brauchen. Wie wertvoll, dass mein Mann Johann jetzt dabei ist und mich auf seine Art stützt. Vor 10 Jahren war es ihm leider gesundheitlich nicht möglich gewesen, an der Tour teilzunehmen, daher sind es auch für ihn gerade sehr bewegende Momente.

Dankbarkeitsritual am Landeplatz

Mit einem guten Gefühl verabschiede ich mich vom Startplatz und wir machen uns auf den Weg nach unten Richtung Landeplatz. Im Tal angekommen, fährt Noe vorsichtig auf dem holprigen Feldweg weiter direkt ins Gelände. Johann und mir wird speiübel. Der Weg besteht aus einer Aneinanderreihung großer Schlaglöcher. Ich wundere mich, wie Noes Auto es überhaupt schafft, da durchzukommen. Die Vorstellung, dass ich damals im Krankenwagen mit zertrümmerten und gebrochenen Wirbeln über diese Holperpiste transportiert wurde, lässt mich schaudern. Dass dabei nicht noch mehr passiert ist, grenzt an ein Wunder. Da müssen viele Engel den Wagen stabilisiert haben.

Geschafft, wir sind am Landeplatz. Ich steige aus und das Erste, worauf mein Blick fällt, ist eine Kuh, die genüsslich zwischen allen möglichen Wasserpflanzen in einem Tümpel badet. Ich muss lächeln, das ist die Erde mit ihren Freuden, die ich so gerne erlebe. Ein nettes Willkommen. Ich sehe mich weiter um und erblicke den Platz, an dem ich nach dem Aufschlag gelegen habe. Sehr bewusst und achtsam gehe ich dorthin. Ja, hier habe ich meinen Deal mit dem lieben Gott geschlossen. Als ich begriff, dass ich ab der Hüfte abwärts gelähmt war, erlebte ich den absolut schrecklichsten und grausamsten Moment in meinem Leben. Mein Körper erzittert bei diesen Gedanken, parallel dazu sind aber auch Gefühle von Glück, tiefem Frieden und innerer Ruhe in mir. Obwohl es so gegensätzliche Gefühle sind, fühlen sie sich trotzdem alle stimmig an und dürfen gerne da sein. Es sind ja meine Gefühle und genau so akzeptiere ich sie als meine Wahrheit. Ich bin ein Mensch zwischen Himmel und Erde.

In Medellín habe ich einen großen Strauß pinkfarbener Rosen gekauft. Nun zupfe ich die Blütenblätter ab, forme aus der Folienverpackung eine Schale und lege die Blütenblätter hinein. Lächelnd und mit Freude im Herzen gehe ich an den Ort meines Schicksals, um ihn zu ehren. Johann und Noe bleiben zurück und geben mir Raum. Tanzend werfe ich die Rosenblütenblätter in die Luft, schenke sie dem Platz, der mich so gnadenreich aufgefangen hat, dass ich eine Chance zum Überleben hatte und meine Seele ihre Erfahrung der Heilung machen konnte.

Die Blütenblätter zaubern einen zarten Teppich auf die grüne Wiese. Von zu Hause habe ich gesegnetes Wasser mitgebracht, um den Platz damit zu begießen, ihn zu nähren, damit Neues gedeihen möge. Ich ziehe drei kleine Rosenquarz-Steinchen aus meiner Hosentasche und übergebe sie als Dank der Erde. In tiefstem Frieden und voll Harmonie singe ich „Amazing Grace“, während ich meine Hände segnend auf die Erde lege. Es fühlt sich jetzt abgeschlossen an. Ich atme tief durch und entdecke direkt vor mir ein Blütenblatt. Es strahlt mich förmlich an, als wolle es mitgenommen werden. Und ein einziger Stein liegt da. Er will auch mit. Der Frieden und die Liebe in mir hat sich noch verstärkt. Mit diesen Gefühlen bereichert G E H E ich diesmal von dem Ort, ich verlasse ihn auf meinen Beinen, Schritt für Schritt und ganz bewusst. Es fühlt sich so an, als ob ein Teil, der all die Jahre hier festhing, zu mir zurückkehren durfte. Jetzt fühle ich mich vollständig. Das ist unbeschreiblich und rührt mich wieder zu sanften Freudentränen.

Jetzt mache ich noch das, was ich vor 10 Jahren schon tun wollte, nämlich zum Fluss gehen. Ich lausche dem kräftigen Rauschen des Wassers und nehme die belebende und kraftvolle Energie in jede meiner Zellen auf. Mit Johann zusammen verweile ich hier noch einige Zeit. Es braucht keine Worte. Alles fließt.

Irgendwann, als der Impuls da ist, stehe ich auf und G E H E zurück, an der badenden Kuh vorbei, dann ein ganzes Stück den Weg entlang. Mit jedem Schritt festigt sich mein Gefühl der neuen Vollständigkeit. Mit jedem Schritt fühlt es sich vertrauter und stabiler an. Noe und Johann fahren achtsam mit etwas Abstand hinter mir her. Als es sich gut anfühlt, steige ich ins Auto. Ich bin reich beschenkt und gut gelandet in meinem neuen Leben.